Gezeichnetes Leben

Gezeichnetes Leben

Nur wenige Striche mit dem Bleistift oder der Zeichenkohle benötigt die belgische Künstlerin Pauline Campion, um den Betrachter in ihren Bann zu ziehen. „Gezeichnetes Leben“ breitet sich vor dem Besucher aus. So lautet auch der Titel der Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit der Hospiz Ibbenbüren e.V. am 23.11.08 im Kulturspeicher Dörenthe eröffnet wird. Es sind Momentaufnahmen vom Ende des Lebens, wenn nicht mehr viel Kraft übrig ist, wenn der Körper verfällt und der Verstand ermattet. Diese Bilder sind in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in einem Brüsseler Altenheim entstanden. Pauline Campion ist 1942 in der Bretagne geboren, studierte Kunst an der Acaeémie des Beaux Arts in Paris und siedelte später nach Brüssel über. Im Quartier des Marolles, dem buntesten und verrücktesten Viertel der belgischen Hauptstadt, wohnt sie in einem alten Lagerhaus. Sie lebt mit Menschen, die sie zeichnet oder malt. In den Suppenküchen und Kneipen rund um den Vossenplein findet sie noch heute die Motive für ihre Bilder. Die Zeichnungen wurden von Dr. Hiltrud Kreutzer erworben, um den Hospizgedanken damit zu unter-mauern. Es sind Menschen dargestellt, die sich am Ende ihres Lebensweges befinden. Auch die Hospizbewegung versteht sich als Fürsprecher kranker und sterbender Menschen. Der Förderverein Kulturspeicher Dörenthe e.V., dem die Sammlung als Schenkung überlassen wurde, sorgt dafür, dass die Graphiken an vielen Orten ausgestellt werden.

Künstlerische Annäherung ans Thema Alter
(IVZ-Artikel) 23.11. bis 07.12.2008 Vernissage zur Ausstellung der belgischen Künstlerin Pauline Campion im Kulturspeicher Dörenthe

Eine ungewöhnliche Konzeption liegt der Ausstellung zugrunde, die seit Sonntag im Kulturspeicher zu sehen ist. Zeichnungen einer bekannten Künstlerin hängen dort neben Bildern von Grundschulkindern. Das Verbindende ist allein die Thematik, erzählt wird von alten Menschen. Unterschiedlich ist jedoch die Annäherung. Wie sehen Kinder ihre Großeltern, was fällt ihnen auf, was finden sie so bemer- kenswert, dass sie davon ein Bild für eine Ausstellung malen? „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, so stehe es im Grundgesetz, sagte Dr. Hiltrud Kreutzer, „aber wir verleugnen die Zerbrechlichkeit des Lebens, wenn es zu Ende geht“, „Wir müssen uns um die Alten kümmern, und damit um uns“. Bei der Vernissage am Sonntagvormittag gab es für die etwa 50 Besucher viel zu sehen. Mit großer Freude begrüßte der Vorsitzende des Fördervereins im Kulturspeicher, Dr. Gerd Overmeyer, die belgische Künstlerin Pauline Campion. Sie lebt, malt und zeichnet in Brüssel und verlässt eigentlich ihr Haus nur ungern, wie sie selbst sagte. Dem großen Engagement der Ausstellungmacher ist es zu verdanken, dass sie ins Tecklenburger Land reiste, wo es ihr gut gefällt. „Eine hübsche Landschaft“, fasste sie ihre kurzen Eindrücke zusammen. Die Zeichnungen, die jetzt im Kulturspeicher ausgestellt sind, hatte sie in den frühen 1970er Jahren in einem Brüsseler Altenheim angefertigt. „Ich habe dort gewohnt, der Direktor erlaubte mir, überall dabei zu sein“. Was sie zeichnet, sind Augenblicke, die sehr eindringlich von der Vergänglichkeit menschlichen Lebens erzählen. Heribert Fischer ließ in seiner Einführung biografische Daten Campions lebendig werden, die ein wenig den Lebenslauf erhellten und erklärten, warum es ihr gelingt, in Gesichter zu lesen. Sie war nicht nur oberflächliche Betrachterin, sie lebte mit den Menschen, die sie porträtierte. Sie versuchte, deren Gedanken zu ergründen und zu zeigen, was ihnen in Krankheit und Siechtum noch vom Leben blieb. Meist wenden die Personen sich vom Betrachter ab, schauen ins Leere, vielleicht in ihre eigene Vergangenheit zurück. Ganz anders dagegen die farbigen Bilder die Schüler der 3. Klasse der Grundschule Dörenthe zu dem Thema gemalt haben. Sie haben ihre Großeltern porträtiert und die schauen meist freundlich und stehen mit beiden Beinen im Leben. Ihre Lieblingsbeschäftigung scheint die Gartenarbeit zu sein. Viele liebevolle Details finden sich, genau beobachtet und mit Stift und Pinsel aufs Papier gebracht. Entstanden sind die Bilder im Religions- und Kunstunterricht unter Anleitung von Monika Kirbs und mit Unterstützung der Schulleiterin Christa Hackmann. Als Grundlage diente die Bilderbuchgeschichte „Zwei Ungeheuer unter einem Dach“. Das Zustandekommen der Ausstellung steht in enger Beziehung zur Hospizbewegung, die schwerstkranken Menschen am Lebensende Beistand und Unterstützung gibt. Dr. Hiltrud Kreutzer aus Warendorf hat die Bilder gekauft und sie dem Förderverein Kulturspeicher Dörenthe übergeben. Dieser sorgt mit seinem Engagement dafür, dass sie möglichst vielen Menschen zugänglich gemacht werden. Der Benefizgedanke steht dabei immer im Vordergrund, alle Spenden kommen der Hospizbewegung zugute. Der Hospizverein Ibbenbüren war mit einem Informationsstand vertreten. Trauerberaterin Adelheid Windt und die Vertreterin für Öffentlichkeitsarbeit, Heike Möllenkamp, stellten die Tätigkeitsfelder vor. Von den etwa 45 aktiven Mitgliedern wird Trauer- und Schwerstkrankenbegleitung zu Hause geleistet. Die Ausstellung ist bis zum 7. Dezember sonntags von 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung geöffnet.
Brigitte Striehn, veröffentlicht IVZ 25.11.08

Kulturspeicher spendet für Hospiz

Während der Ausstellung „Gezeichnetes Leben“ der Malerin P. Campion im Dezember 2008 sammelte der Kulturspeicher Dörenthe 220 Euro zugunsten des Hospizvereins Ibbenbüren und seines neu eingerichteten Trauer-Cafés in der Fabi. Martin Rolf (M.) nahm die Spende in Empfang von Karl-Heinz Käsekamp (l.) und Dr. Gerd Overmeyer vom Kulturspeicher Dörenthe.

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